Das Allerwichtigste:
Sie müssen nicht warten
bis Sie professionelle Unterstützung bekommen.
Vieles können Sie selbst tun. Und versuchen, verschiedene Lösungen auszuprobieren, wenn eine nicht klappt. Werden Sie kreativ!
Dazu ein paar wichtige Empfehlungen:
- Beschäftigen Sie sich damit, was in der heutigen Zeit unter Kindern und Jugendlichen weit verbreitet und für sie normal ist. Das Leben hat sich zum Teil sehr verändert, manches ist leichter geworden, in anderem ist´s schwieriger, sich als Kind gut zu entwickeln. Und schwieriger, sich als Eltern zu entwickeln. Der Alltag in unserer modernen Welt ist teils sehr anders als die, die wir als Eltern-/Großelternwelt aus unserer eigenen Kindheit kennen. Andererseits gilt aber auch: Die wichtigsten Wahrheiten bleiben bestehen. Vor allem die: Miteinander-im-Gespräch-Sein ist alles.
Also:
- Beschaffen Sie sich Literatur über das, was Sie als Problem sehen.
Zum Beispiel über Ängste oder Depressivität, Verhaltensprobleme, z.B. aggressiv-oppositionelles Verhalten, schulische Schwierigkeiten, Drogenkonsum ... . Siehe z.B. auch hier in der Website beim nächsten Button "Was wir gern tun". Habe zwar ich geschrieben, ist aber glaub ich ganz gut :)
Das eigene Wissen zu vertiefen hilft sehr, "spart Nerven" und verbessert die eigenen Fähigkeiten, mit den Problemen umzugehen. Das müssen Sie tun! Sonst sind Sie mit Ihrem Ruf nach Hilfe unglaubwürdig. Wenn´s z.B. um Auffälligkeiten und Schwierigkeiten geht, die es bei der Krankheit ADHS geben kann, brauchen Sie erst mal nicht eine ärztliche Abklärung, ob Ihr Kind das vielleicht hat. Fangen Sie einfach an: Die Basis einer ADHS-Therapie ist die richtige Pädagogik. Belesen Sie sich darüber. Dann können Sie differenzierter beobachten, bekommen Verständnis und lernen, wie sie mit solchen Verhaltensweisen umgehen können. Im Prinzip brauchen Kinder mit ADHS dasselbe wie alle Kinder, nur durchdachter, noch verständnisvoller dafür dass jedes Kind anders ist. Eindeutiger und konsequenter. Sie brauchen möglichst kompetente Eltern. Also dürfen Sie nicht sagen: "Ich bin ja kein Fachmann!". Genau das können und müssen Sie aber werden! Sie müssen sich teils besser auskennen als viele Ärzte. Es lohnt sich sehr für Ihre eigene Lebensqualität. Es macht Arbeit, ja, bringt aber einen großen Gewinn!)
- Bemühen Sie sich, als Eltern bzw. Lebenspartner eine gemeinsame Strategie zu entwickeln und an einem Strang zu ziehen. Kleinere Unterschiede darf und muss es geben, das bereichert. Manche Kinder aber kommen schlecht damit zurecht, wenn Eltern verschieden handeln und wissen dann nicht, woran sie sich orientieren sollen. Sie verlieren die elterliche Führung. Und zudem: Gerade intelligente Kinder nutzen Uneinigkeit, um zu erreichen, was sie durchsetzen wollen. D.h.: Intelligente Kinder brauchen genauso intelligente Eltern.
Weniger intelligente Eltern schimpfen dann über das Kind. Statt zu verändern, was sie ändern können, nämlich ihr eigenes Verhalten. Das ist eine gute Nachricht: Wenn Sie sich ändern wollen, kann das auch das frechste Kind nicht verhindern.
- Suchen Sie ebenfalls eine gemeinsame Linie mit den Lehrkräften/Erzieher:innen.
Machen Sie sich klar: Alle möchten, dass das Kind gut zurecht kommt und sich überall, wo es ist, gut integrieren kann. Jeder/jede wünscht ja das in seinem Job zu schaffen, was sei Ideale sind. Jeder möchte mit sich zufrieden sein.
Sogar wenn Sie vieles nicht gut finden, wie etwas in der Schule bzw. Kindergarten etc. abläuft: Es gibt viele gemeinsame Interessen zwischen allen, die das Kind betreuen. Suchen Sie nach guten Kompromissen. Sonst vergeuden alle ihre Energie, sich gegenseitig zu kritisieren! Auch die Kinder selber suchen Lösungen. Manchmal haben sie sogar den besten Durchblick und spüren, worauf es ankommt. Wenn Eltern dem (kleinen oder großen oder sehr großen) Kind zeigen, dass sie seine Meinung wirklich erfahren möchten, teilen die Kinder das auch mit.
- Geben Sie Schwächen und Gefühle von Unsicherheit zu.
Sich selbst gegenüber, ihrem Partner, ruhig auch bei Freund:innen. Es ist ok, wenn man immer mal nicht weiter weiß. Das kennt jeder. Es ist normal. Wahrscheinlich ist Ihr Gesprächspartner bei vielen Ihrer Themen auch unsicher und traut sich nur nicht, das auszusprechen. Dann sind Sie also ein gutes Vorbild.
- Achten Sie auf sich selbst. Auf Ihre eigene Gesundheit, Ihre eigene Lebensqualität.
Eine gute Balance zwischen Beruf und Freizeit. Eine faire Arbeitsteilung zwischen den Lebenspartnern. Dass sich auch die Väter genauso für die Kindern verantwortlich fühlen (Leider nicht selbstverständlich. Manche denken wie noch vor 100 Jahren: Kinder betreuen ist Frauensache. Vielleicht tun sie dann so, als könnten sie das nicht so gut.)
Besonders „Hausfrauen“ und „Hausmänner“ denken zu wenig an das, was sie für sich selbst brauchen. Sie müssen sich Auszeiten geben. Vielleicht auch für sich erkämpfen. Auch darin sind Sie dann gute Vorbilder für Ihre Kinder: Dass auch Sie selbstständiger werden, sich ein gutes Leben aufzubauen. Und dass sie merken: Ich bin nicht der Nabel der Welt. Bin nicht das einzige, was dem Leben meiner Eltern Sinn gibt. Sie haben und wollen ein eigenes Leben. Die Kinder lernen dann: Die Realität ist nicht das, was ich mir wünsche. Besonders wichtig dabei: Sie lernen die Grundlage von sozialem Verhalten. Anzuerkennen: Jeder hat Rechte und Pflichten. Beides ist wichtig. Eine Familie ist schließlich auch eine WG. Wer nicht sozial fair seine Aufgaben für die Gemeinschaft erfüllt zwingt die Mitbewohner:innen dazu zu überlegen, ob sie ihn rausschmeißen müssen. (Dass etwa Ihre Kinder zu Ihnen sagen: "Wir müssen mal ein ernstes Wort mit euch reden. Wir haben euch so viele Chancen gegeben, aber jetzt ist unsere Geduld am Ende. Wir glauben das Beste ist, ihr zieht aus.")
Damit werden Sie schon viel erreichen und brauchen vielleicht gar keine Unterstützung.
Wenn doch gibt es ganz verschiedene gute Hilfsangebote:
Für vieles braucht man keinen Arzt oder Psychotherapeutin. Z.B.: Suchen Sie das Gespräch mit anderen Eltern, die Erfahrungen mit (mehr oder weniger "pflegeleichten") Kindern dieses Alters haben. Hören Sie auf die älteren Geschwister. Die sagen nämlich manchmal: Ihr müsst einfach mal klarer durchgreifen und strenger werden!" Erstaunlich, aber wahr: Das sagen manchmal die Kinder selbst! Starke Kinder brauchen starke Kinder)
Darüber hinaus gibt es Erziehungsberatungsstellen, Selbsthilfegruppen (z.B. Juvemus bei Konzentrationsstörungen oder schulischen Problemen....), Pro Familia, Schulpsycholog:innen und Schulsozial:arbeiterinnen, Suchtberatungsstellen, Reha-Abteilungen des Arbeitsamts, Frauennotruf, Weißer Ring und viele andere mehr. Informieren Sie sich auch über die verschiedenen Hilfsangebote des Jugendamts. Zum Beispiel deren Unterstützung durch eine sozialpädagogische Familienhilfe, die zu Ihnen nach Hause kommt, Sie umfassend kennenlernen kann und Sie berät. Das ist oft eine sehr große Hilfe.
Wenn Sie all das bedacht und vieles ausprobiert haben merken Sie wahrscheinlich: Jetzt kommen wir ganz gut klar. Sie merken, dass Sie kompetenter sind als Sie dachten.
Das wär natürlich toll. Dann können Sie zu Recht auf sich stolz sein.